Tourenlager Tschierv

Am 10.2 hiess es, die frisch erworbenen Stein-Ski zu schultern und Abschied zu nehmen vom Val Mü-stei(!)-r. Es hatte seinem Namen alle Ehre gemacht und hinterliess neben guten Erinnerungen auch einige Andenken im Belag und in den Kanten der Ski und Splitboards. Aber immerhin verfügen nun auch die Skitouren-Einsteigenden schon über perfekt präparierte Stein-Geräte. Für die Lawinensituation war der fehlende Neuschnee hingegen positiv. So blieb das Münstertal von der in der übrigen (Ost-)Schweiz eher heiklen Lawinensituation verschont. Abgesehen vom fehlenden Schnee gab es am Wetter nicht viel auszusetzen. Bei meist strahlendem Sonnenschein konnten wir fünf abwechslungsreiche Touren begehen.

Am Anreisetag ging es nach der obligatorischen Einführung in die Lawinenrettung in das Dörfchen Lü auf 1920 m ü.M, welches bemerkenswerterweise sogar über eine Postautostation verfügt. Am Sonntag fuhren wir mit dem Bus in Richtung Ofenpass und bestiegen den Munt Buffalora. Hier konnten wir die ersten Erfahrungen mit der schwierigen Unterlage sammeln. Unruhige Sastrugis wechselten sich mit teilweise dünenartigen, gebundenen Triebschneeansammlungen ab. Am Montag ging es direkt vom Haus hoch zum Muntet. Auch hier hatte der Wind seine Finger im Spiel. In einem Tälchen unterhalb des Gipfels waren mehrere ältere Lawinenabgänge in Triebschneeansammlungen zu bestaunen. Nach der steinigen Abfahrt kehrten wir in Lü im Hirschen ein (die aus vergangenen Lagern bekannte „Mama Lü“ scheint dort leider nicht mehr zu wirken). Am dritten Tag brachte uns ein Alpentaxi ein Stück weit die Umbreil- Passtrasse hoch. Von dort ging es hinauf zum Piz Chalderas. Die Abfahrtsroute folgte diesmal nicht der Aufstiegsspur: über einen imposanten Rücken fuhren wir über das Val Pisch zurück nach Sta. Maria. Am Abend kam Wildhüter Jon zu uns und erklärte uns anhand anschaulicher Fotos wie die Tierwelt funktioniert. Jon teilte uns ebenfalls mit, dass das Wolf-Fräulein F18 praktisch unmittelbar vor unserem Haus an jenem Morgen ein junges Reh gerissen habe. Findige Mountainscouts hatten die Spuren auf der Strasse schon am Morgen dem Canis Lupus zugeordnet. Nun gab es im Lager kein Halten mehr: das Wildtier-Fieber war ausgebrochen. Am Mittwoch beim Steinfriedhof oberhalb von Fuldera (Gebiet Muntet) sahen einige Mountainscouts nun überall die Spuren der einzelgängerischen Wölfin. Sie sandten dem Wildhüter sogar Fotos der Beweisstücke und warten immer noch verzweifelt auf seine Antwort. Am letzten Tourentag brachten wir nochmal die Postautokapazität im Val Müstair an ihre Grenzen und fuhren Richtung Ofenpass. Es war geplant, den Piz Daint zu bezwingen. Das Unterfangen wurde wegen des starken Windes aber abgebrochen. So liessen wir den letzten Tourentag nach der Abfahrt auf der Sonnenterasse der Pizzeria in Tschierv ausklingen.

Neben den Touren verbrachten wir wieder zig Stunden mit Lügen und Manipulieren. Dieser offensichtliche Widerspruch zu den Grundgedanken der Mountainscouts ist dem Spielehit „Tempel des Schreckens“ geschuldet, welches in den Tourenlagern das Tichu langsam, aber sicher als Nummer 1 abzulösen scheint. Trotz Schneemangel gehörte das Tourenlager auch dieses Jahr zu den Highlights des Winters. Vielen Dank an Rolf und das Leitungsteam für das sehr gelungene Lager!