Mountainscouts Tourenlager Safiental 2017

Der Winter liess dieses Jahr lange auf sich warten. Noch 4 Wochen vor dem Start des diesjährigen Tourenlagers war man noch mit Wanderschuhen in den Bergen unterwegs. Doch mit dem ersten Schnee in den Bergen war auch die Vorfreude von 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, 8 Leiterinnen und Leiter und einem Bergführer geweckt.

Das Abenteuer startete an einem grauen Samstagmorgen. Die Nebelschwaden hingen über dem HB Zürich als wir Unterländer uns dort versammelten. Eine bunt gemischte Gruppe Pfadis, sowie auch Nicht-Pfadis – jedoch alle bergsportbegeistert – finden sich auf Anhieb am Kopf des Perrons. Hände werden geschüttelt und neue Namen gelernt – sodass es gar nicht auffiel, dass sich noch jemand in unsere Runde „eingeschlichen“ hatte, welcher gar nichts mit uns zu tun hatte (wie sich beim Durchzählen herausstellte).

Aber nun ist genug von der Mittelland-Hochnebel-Tristesse. In nur 3 Stunden erreichten wir den gefühlt hinterletzten Ecken der Schweiz: das Safiental. Der Bus schlängelte sich durch das ca. 40 km lange Tal. Das wäre noch ganz normal – wenn da nicht der Busfahrer plötzlich anmerkte, dass irgendetwas mit dem Bus nicht mehr stimme. Neuer Most brachte ihn dann doch noch zu unserem Ziel – wenn auch im Schneckentempo und unter komischer Geräuschkulissen.

Die grösste Gefahr der Woche lernten wir schon am ersten Tag kennen: Nein, nicht das Aufstehen – sondern die Lawinen. Durch einen Postenlauf erlernten wir, wie im Ernstfall Verschüttete effizient geborgen werden können. An einem Hang dessen Steilheit einem Kinderparadies glich (für alle Nicht-Skifahrer: also sehr flach), legten wir unzählige Spitzkehren in den Hang, damit wir für die kommenden Touren gerüstet waren.

Am Abend lockte uns der Duft von gerösteten Zwiebeln (die ersten – jedoch bei weitem nicht die letzten diese Woche) wieder in unser kuschliges Heim. In der Küche stand die Küchenmannschaft vom ersten Tag an den Herdplatten und war dabei, uns ein 4-Gang-Menu auf den Tisch zu zaubern. Für das Küchenteam zwar ein grosser Stress – jedoch konnte man sich danach die restlichen 6 Tage bekochen lassen: Jeder Tag war ein anderes 4-Kopf-Kochteam zuständig, die hungrigen Mägen zu füllen.

Vor und nach dem Essen (und sogar zwischen den Gängen) wurde in 2 Aufenthaltsräumen das ganze Arsenal an typischen Tischspielen gespielt: Tichu (anscheinend ein chinesisches Kartenspiel), Dog (könnte man schon fast als nostalgisch bezeichnen), Bang (damit auch genug zweideutige Witze gemacht werden konnten) und natürlich durfte auch der ewige Klassiker – ein Jass – nicht fehlen.

Am Anfang sassen wir alle noch in dicken Daunen-Jacken in den verschiedenen Räumen des Heimes. Während in den Schlafräumen bis Ende Woche noch Eiszeit herrschte, verwandelten sich die Aufenthaltsräume schon nach 2 grossen Tichus in eine finnische Sauna.

Rolf – unser Bergführer – instruierte uns vor dem Ins-Bett-Gehen über unsere erste Skitour. Nach einer gehörigen Portion Schlaf, einem stärkenden Frühstück und einer kurzen Postautofahrt nahmen wir unsere erste Tour in Angriff. 800 Höhenmeter warteten an diesem Tag auf uns. In vier Gruppen zickzack-ten wir unseren Weg auf einen Gupf des Camanergrat.

Ein paar wenige Wolken bedeckten teilweise noch die Sonne, jedoch waren es die letzten, welche wir diese Woche gesehen haben: schon nach wenigen Spitzkehren war der Himmel wolkenlos – und so blieb er auch während der ganzen Woche.

Nach 3 Stunden sportlichem Aufstieg begrüssten uns ein atemberaubendes Bergpanorama und ein giftiger Wind auf dem Gipfel. Dick eingemummelt gönnten wir uns ein paar selbstgebackene Kalorien. (Denn als Nebeninfo für Pisten-Ski-und-Snowboard-Fahrer: Das Runterfahren ist fast so anstrengend wie das Hochlaufen). Bevor uns Nasen und Ohren abfroren stürzen wir uns in die ersten Pulverschneehänge. Trotz dem eher spärlichen Schnee waren die Verhältnisse 1A!

Hier ein kleiner Überblick verschiedener Fahrstile:

·         Die Könner: Kurzschwingen wie aus dem Bilderbuch – auch bei noch so schwerem Schnee.

·         Die Mäusefänger: Weniger kurzschwingen – dafür ab und zu den Boden aus nächster Nähe betrachten.

·         Der Freerider: Spart mit Kurven, um auf kleinen Hügeln dann einen 1080-Double-Corc-Backflip-Tail-Grab-Disco-Air hinzulegen.

Nach der Tour diskutierte man bei einer warmen Schoggi engagiert über die Erfolge und Tücken der Abfahrt (Sprünge, Hänge, jedoch auch Anzahl gefangener Mäuse und über schneegefüllte Thermounterwäsche).

Die Tour hinterliess bei uns allen ein Lachen auf dem braunen (oder teilweise auch eher roten) Gesicht. Und so freuten wir uns schon auf unser nächstes Tourenziel: Das Strätscherhorn auf 2556m. Der Aufstieg verlief diesen Tag zwischen Altlawinen und spektakulären Hängen, bei welche einem wieder einmal bewusst wurde, wie übermächtig die Natur wirkt. Beeindruckend (und auch etwas beängstigend) waren die Wumm-Geräusche (ja – das ist wirklich der Fachausdruck dafür): Diese entstehen, wenn eine schwache Schneeschicht kollabiert. In steilen Hängen ist dies ein Hauptgrund für Schneebretter, jedoch im flachen Gelände glücklicherweise ungefährlich.

Den Höhepunkt dieser Woche nahmen wir zu Beginn noch im Mondschein in Angriff: Schon um 7 Uhr stapften (oder schlurften – je nach Wintersportgerät) wir los in Richtung Tällihorn (2851m.ü.M.). Trotz dem wolkenlosen Panorama genossen wir den Gipfel nicht allzu lang. Denn auch auf diesem Gipfel pfiff ein eisiger Wind über die Krete.

Dies steht ganz im Gegensatz zum nächsten erklommenen Gipfel. Denn dort überraschten uns einerseits das windstille Wetter, sowie auch Nox und Fox, mit einem exotischen Mittagsmenu: Das Gipfel-Ei-Tütschen gehört bei den Mountainscouts schon lange zur Tradition. Und genau dieses, wurde an jenem Tag von Nox und Fox auf ein neues Level gehoben. Von einem Skihelm geschützt, was definitiv nicht nötig gewesen wäre, trugen sie ein Straussenei auf den Gipfel.

Mit blindem Vertrauen folgten wir unserem Leiterteam auf zwei weiteren unvergesslichen Aufstiegen und Abfahrten – ohne Verletzungen, dafür mit je länger je mehr Schweissperlen auf der Stirn.

Die Pulverschnee-Sonnen-Tichu-Gipfelei-Singsong-Woche endete in einer Fondue-Orgie. Als ob 6 Caquelons nicht genug wären, drückten wir uns alle in einen Aufenthaltsraum, sodass auch Minustemperaturen und geöffnete Fenster der finnischen Sauna-Atmosphäre nichts entgegenzuhalten hatten.

Mit Sonne, Dörraprikosen, Zwiebeln und vielen geselligen Stunden aufgetankt, tauchen wir nun zurück in die Nebelsuppe und freuen uns schon, nächstes Jahr die einen oder anderen bekannten (und hoffentlich auch vielen neue) Gesichter zu sehen.