Hochtourenlager Trient 2017

Unsere Tour startete nach einer nicht enden wollenden Zugfahrt bei hochsommerlichen Temperaturen in La Fouly, am südwestlichen Zipfel der Schweiz. Nach einem schweisstreibenden Aufstieg und einer kurzen Kraxelpartie zur Belohnung erreichten wir nach knapp 3 Stunden die Cabane de l’A Neuve. Neben einem jungen (unglaublich süssen) Kätzchen und der fantastischen Aussicht aus dem Toilettenfenster bot auch die Hüttenwartin jede Menge Gesprächsstoff. So war sie, wie auch wir Teilnehmer, überrascht, als «Schonas» (franz. für Jonas) das Frühstück für den nächsten Tag auf 4 Uhr bestellte.

Mit der Stirnlampe bewaffnet und einem guten Frühstück im Magen machten wir uns um 5 Uhr morgens auf den Weg und bestiegen wenig später die steile Gletscherzunge der kärglichen Überreste des Glacier de l’A Neuve, um in Richtung Norden auf den Grat zu gelangen. Dieser führte uns nach relativ kurzer Kraxelei am kurzen Seil zum heutigen Gipfel, dem Grande Lui (3509m). Von dort erwartete uns ein von überraschend viel lockerem Geröll geprägter und zum Teil ausgesetzter Abstieg auf den Glacier de Saleina. Dieses unerwartet schwierige Gelände kostete uns viel Zeit und auch einiges an Durchhaltevermögen. Den Namen „Einsteiger-Tour“ hat sie wohl nicht ganz verdient…

Eine krasse «Line» von Schonas führte uns letztendlich sicher über die zerklüfteten Eismassen zum Bivouac de l’Envers des Dorées. Das einzige Opfer, das der Gletscher forderte, war die Schaufel von Fabians Eispickel. Sie wird wohl in ca. 150 Jahren als Zeugnis dafür dienen, dass man besser eine geschmiedete Haue für einen Eispickel wählen sollte. Im sehr gut gefüllten Biwak mussten wir Wasser von einem nahe gelegenen Bächlein holen, belohnten uns jedoch mit einem Bad in einem Gletschersee und erlebten dabei einen eindrücklichen Sturz eines Felsblocks in diesen See.

Am nächsten Morgen wurden wir von Schonas‘ lecker duftendem Dattel-Porridge geweckt. Für heute war die Besteigung der Auguille du Tour geplant. Dafür wanderten wir in drei Seilschaften auf dem Glacier de Saleina Richtung Westen auf das Fenêtre du Tour zu. Unterwegs wurden wir bereits morgens um 6 Uhr von fallendem Geröll an nordexponierten Hängen begleitet, was uns etwas nachdenklich über den Zustand des Hochgebirges stimmte. Der Eindruck erhärtete sich auch als wir beim Fenêtre ankamen. Es war eine komplizierte Operation nötig um, ohne von fallenden Steinbrocken getroffen zu werden, den Grat und damit die Grenze zu Frankreich zu erreichen. An dieser Stelle gebührt den Leitern ein Lob für ihre Geduld und Vorsicht. Oben angekommen seilten wir uns auf der anderen Seite über einen spektakulären Bergschrund auf den Glacier du Tour ab. Da die Überwindung des Fenêtre du Tour mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen hatte, entschieden unsere Leiter die Tour abzukürzen, und so begnügten wir uns mit dem schneller erreichbaren Tête Blanche. Dafür konnten wir uns nach einer ausgelassenen Mittagspause an einer souverän eingerichteten Eis-Sanduhr über eine gigantische Eisklippe wieder auf Schweizer Gebiet abseilen, das war definitiv das Highlight des Tages! Es wäre fast noch getoppt worden, aber glücklicherweise entdeckte Fabian beim Abziehen des Seils im letzten Moment den Knoten am Ende, bevor dieser ausser Reichweite war. Nach dem anschliessenden Marsch über das vergletscherte Plateau du Trient erreichten wir schliesslich die Cabane du Trient, wo uns allen – nach einem leckeren Stück Aprikosenkuchen – nach einem Schläfchen zu Mute war.

Am Tag vier kamen wir doch noch zu unserer Alpinkletterei. Leider mussten wir Fabian in der Hütte zurück lassen, da er krank geworden war (man munkelt, es liege an einem 400g schweren Stück Fleischkäse aus seinem Lunchsack…). Wir gingen wieder ein Stück in Richtung westsüdwest über das Plateau du Trient und verliessen den Gletscher am südlichen Fuss des Aiguille Purtscheller, wo wir überflüssige Ausrüstung deponieren konnten. Denselben bestiegen wir anfangs in drei Seilschaften. Leider musste nach dem ersten und schwierigsten Teil, klassiert als 5a, eine Seilschaft mit drei Personen umkehren. So kletterten wir schliesslich nur noch zu sechst in zwei Seilschaften in fünf Seillängen auf den Gipfel. Von oben hatten wir einen grandiosen Blick über die französischen und die Schweizer Alpen und konnten sogar ein Segelflugzeug von oben bestaunen. Anschliessend seilten wir uns in dreieinhalb Seillängen über die Nordseite ab. Unten angekommen durften wir Teilnehmer eine Pause machen und uns an Schonas‘ Lunchsäcklein bedienen (gefüllt mit Walliseller Schokolade, 30 Rp. auf 100g) während er und Tschipo unsere Steigeisen und Pickel aus dem Materialdepot holten. Danach ging es einmal mehr über das Plateau du Trient, wo wir zweimal ein Bein, bzw. zwei Beine in einer kleinen Spalte verschwinden sahen, was glücklicherweise ohne Folgen blieb. Müde erreichten wir schliesslich die Cabane d’Orny, wo sich unsere Kumpanen bereits im Klettergarten hinter der Hütte austobten. Den letzten Abend auf der Hütte genossen wir etwas ausgiebiger, da für den Sonntag das Frühstück erst auf sieben Uhr bestellt worden war.

Am letzten Morgen blieb uns noch ca. eineinhalb Stunden Zeit, um hinter der Hütte etwas zu klettern, bevor Hagel und Regen einsetzten. Das war dann für alle, die nicht schon früher abgereist waren, das Signal, ebenfalls den Abstieg ins Tal anzutreten.

Das Lager war eine erlebnisreiche Zeit mit vielen Eindrücken, atemberaubenden Landschaften und einigen Herausforderungen! Wir möchten den Leitern herzlich für die Organisation und die gewissenhafte Durchführung des Lagers danken und freuen uns schon auf weitere Abenteuer mit den Mountainscouts!